Seit nun 9 Monaten müssen wir ständig warten, so viel warten, wie selten bisher: bei jedem Einkauf warten wir geduldig, draußen vor der Türe, ruhig in der Schlange, wir warten… In dieser Adventszeit warten wir besonders viel, nicht mehr nur auf Weihnachten, zusätzlich auf den Impfstoff, auf das Sinken der Infektionszahlen, auf Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen, … auf das Ende der Pandemie. Wir warten, dass die bedrückenden, immerkehrenden Nachrichten über die Verbreitung des Virus‘ und seine Bedrohung wieder abflauen, warten, dass wir uns wieder unbeschwert bewegen können, dass wir wieder leichtherzig und sorglos zusammen kommen. Da kann einem schon deshalb die Puste ausgehen – die Zeit lang werden und die Geduld droht auszugehen.

 

Und ewig warten

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Wie gehen wir am besten mit Warten um? Wann vergeht das Warten am leichtesten? Durch gutes Warten, sagt die Psychologin Kate Sweeny*, die seit Jahren forscht, wie sich diese Geduldsprobe am besten ertragen lässt.

Grundsätzlich können wir lernen, mit dem Warten besser zurechtzukommen. Und uns die Zeit des Wartens sogar schön gestalten. Sich einfach mit Zeitvertreib wie Serienschauen und Handyscrollen die Zeit zu verkürzen, sind nur gute Strategien, wenn die Wartezeit kurz ist. Sobald die Zeit länger ist, erweisen sich drei Strategien als hilfreich: Achtsamkeit, einen Plan für den „Notfall“ schmieden und sich in eine Tätigkeit zu versenken, die in einen Flow-Zustand versetzt.

Achtsamkeit, weil wir lernen, mit dem umzugehen, was gerade jetzt passiert. Und uns hilft, uns von negativen Gedanken zu lösen und den Fokus auf den gegenwärtigen Moment zu richten. Zum Beispiel mithilfe von Meditation oder Achtsamkeitsübungen, weil sie zu mentaler Stabilität verhelfen. Und uns helfen, mit dem Stress des Wartens besser zurechtzukommen und optimistisch zu bleiben.

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Vorsichtig optimistisch zu bleiben und sich mit seinen Ängsten und dem Schlimmsten zu beschäftigen, sich sogar mental oder real auf das Schlimmste vorzubereiten, ist – anders als viele meinen – nicht kontraproduktiv, sondern im Gegenteil sehr hilfreich. Wichtig ist, die Sorge, die man empfindet zu minimieren, und dann so weiterzuleben, wie bisher. Reine Ablenkung und mentales Verdrängen sind nicht sinnvoll, im Gegenteil, sie verschlechtern die Befindlichkeit. Anders allerings, wenn die Ablenkung vollkommen ist, wohltuend, den Geist beruhigt, positive Gefühle erzeugt und den Eindruck vermittelt, dass die Zeit schneller vergeht: im Flow.

Flow ist ein perfekter Helfer fürs Warten, er hilft, mit dem Warten zurecht zu kommen. „Flow entsteht durch aktives Engagement, es ist eine befriedigende Tätigkeit, weil man dabei Fortschritte macht. Das kann ein Hobby sein, dem man gerne nachgeht, ein Yogakurs, auch Arbeit. Wir wissen, dass Flow viel eher dann entsteht, wenn man sich aktiv mit einer Sache beschäftigt, die einen herausfordert, die man aber auch bewältigt, als wenn man einfach nur herumsitzt.“* Im Flow ist man vollkommen vertieft, wacher und damit ist er eine sehr positive Art, sich die Zeit zu vertreiben.

In welchen Momenten erleben Sie den Flow-Zustand? Es muss ja nicht immer die Arbeit sein ;-); beim Laufen, beim Plätzchen-Backen, beim Kochen, Basteln, Geschenke vorbereiten, beim Musik machen, Yoga üben… es gibt einiges zu tun, das die Zeit kurz und schön zugleich vergehen lässt. Ich mach bestimmt mehreres davon, mir wird die Zeit nicht (zu) lang werden.

 

*Kate Sweeny ist Professorin an der University of California in Riverside (USA).
Im aktuellen ZEIT Magazin, Nr. 53 vom 17.12.2020 finden Sie das Interview von Claire Beermann, S. 50-51.

 

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