Das sind doch tolle Ideen – alle geboren, um einen Missstand zu beheben! Unter dem Titel „Kaugummis zu Turnschuhen – Vom Abfall zum Rohstoff“ stellte die Wirtschaftswoche sechs Unternehmen und deren Produkte vor, Produkte, die aus weggeworfenen Lebensmitteln produziert sind.
Der Missstand: 90 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle produzieren wir jährlich in der EU, knapp die Hälfte dieser Abfälle entsteht nicht in Privathaushalten, sondern direkt in der Lebensmittelindustrie. Jedes Jahr werden Tonnen von Pflanzen- und Tierabfällen auf Deponien oder ins Meer geworfen. Und dies hat einige negative Folgen.
Daher hat die UN im Jahr 2015 das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2030 den Abfallberg zu halbieren. Nun tut sich was, seither entstehen kreative und nachhaltige Ideen aus Müll. „Dank des UN-Programms wird deutlich mehr geforscht,“ sagt Harald Rohm, Professor für Lebensmitteltechnik an der TU Dresden. Wissenschaftler in Asien arbeiten gerade daran, aus Reishülsen Batterien herzustellen, denn die Hülsen bestehen zu rund 20 Prozent aus Silizium, das eine wichtige Grundlage für die Stromspeicherung darstellt. Aber einige Ideen sind bereits produktreif und auf dem Markt.
Im April letzten Jahres brachte das renommierte Mode-Label Salvatore Ferragamo eine Kollektion heraus, deren Garn aus der Schale der Orange gewonnen wurde. Das sizilianische Unternehmen Orange Fiber verwandelt die Schalen ausgepresster Orangen in ein seidenähnliches Garn, indem es aus der Pelle die Zitrus-Zellulose entwickelt hat und dies zu Faden spinnt.
Allein italienische Orangensafthersteller produzieren jedes Jahr 700.000 Tonnen Schalen!
Aus dem Casein, einem Nebenprodukt der Milchherstellung, stellt die Firma Q-Milk Folien her. Diese zersetzen sich binnen weniger Tage und damit wesentlich schneller als herkömmliche kompostierbare Plastiktüten, deren Zerfall mitunter Jahre dauert.
Rund 2.000.000 (= 2 Millionen) Tonnen Milch werden jedes Jahr in Deutschland entsorgt, weil etwas das Haltbarkeitsdatum überschritten wurde oder weil die Milch zu viele Keime aufwies.
Das fast 300 Jahre alte Unternehmen Favini aus Venezien verwertet in einem seiner nachhaltigen Projekt die Reste von verarbeiteten Orangen, Kiwis, Mais, Weintrauben und Haselnüssen und verwandelt diese in Papier, nachdem diese Früchte zur Herstellung von Wein, Saft und Sirup verwertet wurden. 15 Prozent der Zellulose von Bäumen wird durch die Fruchtreste ersetzt.
Die Idee fruchtet: viele Unternehmen tauschen ihre Plastikverpackungen gegen Papierverpackungen aus.
Auch Kaffee lässt sich verwerten. Das Berliner Start-Up Kaffeeform stellt aus gebrauchtem Kaffeesatz Geschirr her. Das Material entsteht unter anderem aus Buchenholzfasern, Stärke und Zellulose, erinnert an Holz und ist spülmaschinenfest.
Allein in Europa fallen jeden Tag 8 Millionen Kilogramm Kaffeesatz an.
Die isländische Gerberei Atlantic Leather gerbt aus der Haut von Lachsen Leder, das Designer dann zu Schuhen, Portemonnaies und Handtaschen verarbeiten, die es schon in die Regale von Gucci und Prada geschafft haben. Die Idee ist aber nicht neu: bereits seit Jahrhunderten fertigen indigene Völker Leder aus den den Häuten von Fischen.
Vor den Küsten Isalnds und Norwegens werden Millionen Lachse getötet und verarbeitet, bisher werden Tonnen an Häuten als Abfall ins Meer gekippt.
Das Londoner Start-Up Gumdrop stellt aus durchgekautem Kaugummi synthetischen Gummi her. In einem Pilotprojekt mit der Stadt Amsterdam hat es jetzt einen Turnschu entwickelt, der zu 20 Prozent aus alten Kaugummis besteht. Gesammelt werden die Kaugummis in speziellen Behältern auf den Straßen der Stadt.
In den Niederlanden landen jährlich mehr als 1,5 Millionen Kilogramm Kaugummis auf den Straßen, das Entfernen kostet die Kommunen Millionen Euros.
Diese und noch mehr Beispiele gibt es online hier zu lesen: Sie schmeißen Ihren Bio-Müll noch weg?
Manchmal braucht es halt einen Notstand, einen Engpass, damit etwas neues entsteht. Engpässe sind nicht ausschließlich ein Missstand, sie können auch Kreativität hervorzwingen. Genial!
Tja… die Voraussetzung: ich komme in’s Tun!
Es gibt immer wieder Hoffnung – und tolle Überraschungen.
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