Nachts kommen sie, besonders gerne wenn wir ihnen ausgeliefert sind, im Traum, im Halbtraum und schließlich dann wach liegend, kommen sie aus heiterem Himmel (hach, von wegen! … aus tiefschwarzer Nacht!) und bemächtigen sich unseres Denkens: die bösen Geister und Gespenster der Nacht. Umkreisen, fesseln und lenken unsere Gedanken. Sorgenvoll häuft sich nun eine anstehende Aufgabe, eine offene Rechnung, eine zu überwindende Herausforderung an die andere… tausend unerledigte Dinge kreisen im Kopf, wachsen uns über den Kopf, während unsere Kräfte und unser Selbstbewusstsein scheinbar klein und kleiner werden. Wachsender Druck, Angst, vielleicht gar Panik bemächtigt sich unserer – die Gespenster toben sich aus! Erst der neue Morgen verscheucht sie, die Welt sieht tagsüber zum Glück wieder besser aus.

Wenn Sie das kennen, so sind Sie nicht alleine, etwa jeder Vierte ist nachts oft oder immer wieder wach. Auch ich wachte neulich nachts auf und konnte danach ein Weilchen nicht wieder einschlafen. In dieser Nacht habe ich die Gespenster gesehen, habe beobachtet, wie sie zu mir kommen und wie sie ihren bösen Schabernack bei mir treiben. Ein Stück habe ich sie machen lassen, weil ich fasziniert war, wie das geht: dass meine Gedanken nachts andere sind, als tagsüber. Was passiert da?

Mein schläfriger Körper fühlt sich im Schlafmodus kraftlos an und suggerierte offenbar damit meinem Geist, dass ich schwach bin. Meine Gedanken hatten freien Lauf, keine Struktur und kein Widerstand durch das sonst konkrete, zielgerichtete Tun, lauter ungebremste, ungreifbare Hirngespinste. Ein geradezu unerschöpflicher Fundus an anstehenden Aufgaben zeigte mir, zum einen was ich noch alles erledigen möchte bzw. machen muss, zum anderen aber auch, dass ich einen funktionierenden Antreiber habe, der darauf wacht, dass ich vernünftig, diszipliniert und fleißig bleibe. Und dazu gab’s dann noch eine Portion verpasster Gelegenheiten und noch eine Prise zusätzlicher Ideen, was ich noch alles ganz Neues tun könnte und sollte, die Extra-Portion zum Schwach-Werden. Klar, da war ich dann schon beeindruckt, wie viel noch vor mir liegt…

Ein bisschen musste ich nun aber schon lachen, welche Fantasien sich da in meinem Kopf aufbauen und abspielen – was ich da so mit mir mache. Schnell meine Gespenster verscheucht, bevor sie ihr Unwesen noch ärger mit mir treiben: Stift gezückt, gute Ideen notiert, auch gleich mit dazu, bei welchen Themen ich mir Unterstützung hole, wo ich noch Infos brauche; was wirklich wichtig ist und was nur eine Idee bleibt, das überlege ich später, wenn ich ganz wach bin; die schlechten Gedanken schreibe ich auch auf, weil hier offenbar noch etwas unerledigt ist, das nutze ich als Hinweis.

Zum Glück habe ich bereits geübt, meine Gedanken und Gefühle zu steuern, auf Positives zu lenken, Distanz zu gewinnen und die Perspektive zu wechseln, Ressourcen zu erkennen und zu nutzen, das hilft jetzt.
Die bösen Geister jedenfalls haben heute gute Arbeit geleistet, meine To-Do-Liste der nächsten Zeit ist sortiert.

Aber manche Gedanken sind hartnäckig, manche erweisen sich als destruktive Blockade, andere als festgefahrene Meinungen. Dann mutieren sie zu gespenstischen Annahmen, die das Denken behindern und jede Veränderung unmöglich machen. Wahre Taggespenster!

In meinem nächsten Blogbeitrag geht es um diese: festgefahrene Ansichten, Meinungen und Annahmen – die sich als Wirklichkeit ausgeben.