Wenn ich anderer Meinung bin und diese akzeptieren muss, dann kann das dazu führen, dass ich in einen Loyalitätskonflikt gerate: was ich machen muss, widerspricht den Werten, denen ich mein Handeln bisher untergeordnet habe.
Genauer: Um meine neue „Gefolgschaft“ zu leben (z.B. einer Anweisung Folge leisten, Preisabsprachen mit dem Wettbewerb anzugehen), muss ich die „bisherige Gefolgschaft“ verraten (z.B. die klare Richtlinie: Wir arbeiten so, dass wir rechtlich immer im grünen Bereich bleiben). Die Folge ist, ich bin zerrissen, mindestens eine Seite muss ich verraten: die bisherige, mich und evtl. sogar die neue, indem ich ihr nicht wirklich gänzlich Folge leisten kann. Den Verrat kann ich nach außen sichtbar werden lassen, indem ich „aussteige“, es zu einem Streit oder Kampf kommen lasse; oder aber ich trage diesen innerlich aus und empfinde Schuldgefühle und Gewissensbisse, manchmal auch Gefühle der Scham und der Ohnmacht. Ich kann mich aber auch selber mit meinem Loyalitätskonflikt auseinandersetzen und schließlich eine Klärung finden, die Wertelandschaft neu für mich ordnen… mit offenem Ende.

Anderer Meinung kann man sein. Dass es unterschiedliche Sichtweisen auf Dinge und Situationen, für Herangehensweisen und Lösungen gibt, das ist ja klar. Manchmal ist eine Auseinandersetzung mit der anderen Seite möglich und ich kann die Argumente nachvollziehen, kann sie verstehen, sie akzeptieren, ihr nun Gefolgschaft leisten. Manchmal bleibt ein Argumente-Austausch unmöglich, aber ich habe ein Einsehen; oder ich erkenne einfach die größere Macht und Bedeutung meines Gegenübers an und schlage ein. Das kann reibungsfrei geschehen, wenn eine gute Basis für die Auseinandersetzung grundsätzlich vorhanden ist und danach auch bleibt.

Werte sind dabei Überzeugungen und Gesetze, denen ich mein Handeln unterordne, aber auch soziale oder strukturelle Richtlinien, die in meinem Umfeld gelten (z.B. Gesetzgebung, gesellschaftliche Werte und Tugenden, Unternehmenswerte, Familientraditionen, …).

Loyalitaet darf auch vorsichtig genossen werdenZu einem Loyalitätskonflikt muss es doch auch bei den Republikanern kommen, so frage ich mich, die tagtäglich ihr Oberhaupt Tatsachen verdrehen und Lügen aussprechen hören, die tagtäglich sehen, wie zentrale Werte ihrer Gesellschaft missachtet werden: Fairness, Gerechtigkeit, Anständigkeit, Zuverlässigkeit, Rechtschaffenheit?
Ich frage mich, wie Loyalitätskonflikte hier auszuhalten sind… Ob es diese noch gibt… Ob wir erleben, wie eine Wertelandschaft sich so stark verändert, dass Macht jedes Mittel recht macht.

Loyalität zeigt ihr falsches Gesicht: Schweigen und Unterordnung.