Vergangene Woche habe ich für die Deutsche Telekom Stiftung einen Karriereworkshop geleitet. Dieser war Teil der Herbstakademie von 15 Doktoranden von MINT-Fächern, die aufgrund ihrer guten Leistungen und Empfehlungen ein Stipendium für ihr Studium erhalten haben, die in diesem Jahr in Garmisch statt fand.
Vor dem Start hatte ich einen Fragebogen an die Teilnehmenden geschickt und unter anderem auch die Frage gestellt, was sie sich von unserem Workshop „Meine Karriere- und Lebensplanung“ wünschen, erhoffen. Eine Antwort ist herausgefallen und hat mich sehr gefreut: „Unterschiedliche Modelle der Planung kennenlernen… Gut fände ich zu hören, wie man eine Karriere oder ein Leben überhaupt planen kann. … Und dass ich nach dem Workshop vielleicht weiß, wie man eine Karriere oder ein Leben planen kann.“
Ja, kann man Leben und Karriere planen? Nein sagt der eine oder die andere wahrscheinlich spontan, beides ist viel zu unberechenbar, hängt von zu vielen Komponenten ab. Unser eigenes Leben ist verschränkt mit anderen Menschen und Gegebenheiten, dazu kommen noch Krankheiten, Krisen und Konflikte. Zu oft lassen uns diese in der alleinigen Reaktion zurück: es geht dann nicht mehr um das, was ich will, meinen Plan oder Wunsch, sondern nur mehr darum, was geht jetzt (noch).
Manchmal verändern wir uns dann auch noch im Zuge dessen und was uns früher erstrebenswert erschien, das verliert seinen Wert. Ich selber bin gestartet mit einem großen Zutrauen in meine Willenskraft: was ich mir vornehme, das werde ich umsetzen. So hat es lange geklappt und mir einige Erfolge beschert. Doch dann musste ich irgendwann auch hinnehmen, dass es nicht klappt und dass ich auch gar nicht gefragt werde, dass ich muss und alleine vor der Entscheidung stehe, gehst du diesen Weg mit uns weiter oder musst du aussteigen? Auch die Geburt meines Sohnes und andere Erfahrungen, darunter auch negative Momente, haben meine Werte verschoben, einiges in ein neues Licht gestellt, in ein verändertes Verhältnis zueinander gesetzt. Und es fühlt sich durchaus stimmig an.
Eine Freundin antwortete auf meine Frage bei einem Kaffee sehr spontan: „Gar nichts kann man planen, es kommt sowieso anders. Als mein Mann plötzlich krank wurde, da mussten wir einfach nur noch schauen, wie wir unser Leben jetzt noch hinkriegen. Da habe ich alles, was ich mir ursprünglich vorgenommen hatte, über Bord geworfen.“
Also lieber gar nicht planen, es kommt ja sowieso anders. Und wenn ich an den Satz denke sowieso: „Das Leiden kommt von den Erwartungen“ (Der ja sehr richtig ist.) Wenn ich nicht plane, habe ich auch keine Erwartung und kann somit auch nicht enttäuscht werden – logisch.
Alles laufen lassen also, nichts planen? Allein darauf warten, was von außen kommt und dann entsprechend reagieren? Welche Entscheidungen werde ich dann fällen können, nach welchen Kriterien werde ich vorgehen? Und überhaupt: da mache ich mich doch gänzlich vom Außen abhängig.
Also doch lieber planen… oder beides?
Haben wir keinen Plan, haben wir auch keine Richtung für unser Leben. Die Wahrscheinlichkeit, dass es anders kommt, als geplant ist riesig, klar. Die Kunst liegt irgendwo dazwischen: Die Richtung im Auge behalten, den Kurs korrigieren, wenn ich mich ändere – und mit dem, was anders kommt, umgehen.
Die Antworten in den Feedbackbögen haben mich jedenfalls gefreut: „Vielen Dank für den tollen Workshop! Ich habe mir Denkanstöße und neue Sichtweisen erhofft, zu denen ich tatsächlich gelangt bin.“ – „Ich nehme aus diesem Workshop mit… jede Menge Vorbereitung auf den Job und ein positives Gefühl!“ – „… dass ich meinen Karriereplan besser auf meine „Lebensgrundsätze“ und -wünsche anpassen muss“ – „Ich denke, wir haben alle sehr viele Anregungen für unsere nähere Zukunft mitgenommen“.
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