Vor Kurzem habe ich den Artikel des Strategieberaters für Personalmarketing Nicolas Scheidtweiler gelesen, er sprach mir aus dem Herzen. Im Bewerbungscoaching mache ich immer wieder die Erfahrung, dass Unternehmen und Kandidat*innen nicht zusammen finden – aus verschiedenen Gründen. Jede Seite macht maximal Werbung für sich. Beide Seiten sollten aber aufpassen, dass dann noch drin ist, was drauf steht.

Das hat mich an meinen Blogbeitrag „Wirre Irrungen der Kreativität“ erinnert, den ich vor längerer Zeit geschrieben hatte. Da hatte ein Unternehmen anstelle einer Leitung Poststelle einen Head of Document Controlling and Management gesucht. Hätten Sie’s verstanden? Der Leiter Controlling, den ich in der Beratung hatte, hatte dies bei einem Telefonat mit der Personalabteilung herausgefunden.

In seinem Artikel „Wenn die Stellenanzeige nicht zum Unternehmen passt“ beschreibt Nicolas Scheidtweiler anhand einigen Beispielen wie Unternehmen falsche Vorstellungen und Erwartungen bei den Jobsuchenden wecken. Nicht nur die Bundeswehr versucht sich über die Veränderung der Jobtitle attraktiv für mehr Kandidatinnen und Kandidaten zu machen, indem sie die Stelle des Panzerkommandanten zur Teamleitung Panzertruppe deklariert. Die Folge: „Bewerberinnen und Bewerber, die sich aufgrund der Sprache in der Stellenanzeige für den Job entscheiden, bringen oftmals nicht den Cultural Fit mit, um den es beim Militär geht. Das führt – und die jüngsten veröffentlichten Daten belegen dies – zu einer hohen Absprungrate in den ersten Monaten der Beschäftigung.“

Weiter heißt es… „Viele Arbeitgeber versuchen nicht nur durch eine „fancy“ Sprache Aufmerksamkeit für ihre Stellenanzeigen zu erzeugen. Sondern sie nutzen auch Attraktivitätsfaktoren und Bilder, die nicht unbedingt zur Unternehmenskultur, zum Job oder zur gewünschten Zielgruppe passen. Damit entstehen zwischen dem so transportierten vermeintlichen Image und der tatsächlich bestehenden Identität des Unternehmens teure Lücken.
Solche Stellenanzeigen lösen falsche Erwartungen bei Bewerberinnen und Bewerbern aus. Was cool klingt, ist vielleicht gar nicht so cool. Ein Beispiel für eine irreführende Übertreibung findet sich in den Stellenanzeigen einer Supermarktkette, in denen ein Aushilfsjob als Berufung bezeichnet wird: ‚Job suchen. Berufung finden‘.“* Und unter diesem Claim steht: ‚Für alle, die wissen, was Sie wollen.‘. Hallo? Es geht um einen Aushilfsjob!

Nicht nur wird hier an den möglichen Kandidatinnen und Kandidaten vorbei kommuniziert, es wird ein vollkommen falsches Bild von der Stelle und vom Unternehmen gezeigt. Die Folge sind nicht nur falsche Erwartungen und viele Bewerbungen, die umsonst geschrieben wurden, sondern unglaublich hohe Kosten. Lesen Sie selber weiter…

Nicolas Scheidtweiler plädiert für eine Ansprache, die zur Position, zur Unternehmenskultur und zum Unternehmen insgesamt passt. Damit wirklich zusammen kommt, wer gut zusammen arbeiten wird. Da stimme ich ihm vollends zu: so soll es sein. Eine Stellenanzeige sollte informieren und nicht ausschließlich ein Marketingtool sein.

Stellenanzeigen finden

Eine wunderbare Stellenanzeige – freundlich, direkt, klar – habe ich bei meinem Urlaub in Schottland an einem Fischstand gesehen: „HAPPY, SMILEY 😀 PEOPLE WANTED: Training will be given if appropriate certificates not available. We pay at least 10% above minimum wage.“
Veröffentlichungsort: Seitenwand der Verkaufsbude, der Chef: direkt ansprechbar am Verkaufsstand.

Damals, bei den Recherchen zu meinem Blogbeitrag, hatte ich übrigens ein kleines Tool gefunden, mit dem man sich einen neuen Jobtitle verpassen lassen kann, wenn einem der eigene nicht attraktiv genug klingt. Es funktioniert noch, probieren Sie es aus: www.vskm.org. Damals hieß ich Executive Roadrunner for Synergy Cooperation, dann First Bilateral Communication Architect und schließlich Senior Chief of Visionary B-to-B Processes.
Aber suchen Sie dafür lieber keine Stellenanzeige, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Sie damit keinen Job finden. 😀

 

Nicolas Scheidtweiler danke ich für die freundliche Genehmigung, seinen Artikel hier zu veröffentlichen. Hier noch mehr Infos zum Thema: „Mit der typischen Candidate Persona im Recruiting gewinnen„.