Vor zwei Wochen wurde ich von der Polizei angehalten: €55 musste ich bezahlen, weil ich mit dem Fahrrad auf dem Gehweg fuhr. Ich hatte, wie sehr viele Jahre schon, das letzte Stück bis zur Haustüre das dicke, holprige Kopfsteinpflaster der Straße vermieden. Aber €55, das war sehr ärgerlich, viel Geld. Das schmerzte.

Wie immer fuhr ich neulich auch, meinen Gedanken nachhängend die gewohnte Strecke nach Hause. Und erwischte mich auf dem Gehweg. Das war doch unglaublich. Da hatte ich doch vor Kurzem erst geblutet, viel Geld sozusagen auf dem „Trottoir verloren“. Wie konnte es passieren, dass ich gar nichts gelernt hatte? Dass ich – als wäre nichts gewesen – aus Gewohnheit die alte Strecke fuhr? Und gar nicht mehr daran dachte, was mich hier widerfahren war. Erstaunlich.

War die Strafe nicht hart genug gewesen, so dass sie nicht genug Eindruck auf mich machte, sie keinen Effekt hatte? War das bezahlte Geld zu abstrakt, zu wenig, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen? Oder war ich trotzig und wollte ich mein Glück herausfordern? Sehen, wann die Polizei das nächste Mal kommt und solange so weiter machen, wie bisher? Schließlich war es ja viele, sehr viele Jahre gut gegangen. Ich konnte einfach so weitermachen.

Das war spannend. Ich merkte, dass ich genau an dem Punkt stand, hier die Entscheidung zu treffen. Die bewusste Entscheidung, ob ich einfach so tue, wie wenn nichts gewesen wäre und die gewohnten Meter auf dem Gehweg fahre, oder ob ich es in Zukunft anders machen möchte und in Zukunft ordnungsgemäß auf der Straße fahre. Und eine neue Gewohnheit etabliere.

Bequem wäre es schon einfach so weiterzumachen, wie bisher. Für den Fall ich würde erwischt, könnte ich ja einfach die kleine Wette mit mir selbst als verloren geben: Pech gehabt. Und die Strafe nochmals zahlen.
Aber irgendwie juckt es mich jetzt zu sehen, ob ich es schaffe, eine ewig alte Gewohnheit zu verändern. Was muss ich machen, damit es gelingt?

Wann muss ich auf dem Nachhauseweg die „Biege“ kriegen, um daran zu denken, es heute anders zu machen? Wie werde ich mich selbst daran erinnern, dass ich ab jetzt das heftige Kopfsteinpflaster-Geholpere als Erfolg des Durchbruchs feiere? OK, einige Ideen habe ich:

Wie kann man Gewohnheiten aendern
  1. Ich werde mir eine Markierung an den Lenker machen, einen farbigen Gummi, der mich am Beginn meiner Fahrt schon daran erinnern soll, rechtzeitig die gewohnte Bahn zu verlassen.
  2. Zuhause werde ich mir ein Post-it mit einem großen Fragezeichen in die Schüssel legen, in der ich meinen Schlüssel lege, mit dem ich überprüfen werde, ob ich die neue Strecke gewählt habe: eine Erfolgskontrolle also.
  3. Auf diesen Zettel mache ich zwei Spalten: Gelungen und Verpasst. So trete ich in einen Wettkampf mit mir.
  4. Ich habe zuhause über mein Vorhaben gesprochen, so habe ich mir also unbestechliche Zeugen für meinen Erfolg gemacht.
  5. Und schließlich habe ich mir des Sinns meines kleinen Experiments versichert: Ja, ich will diese Änderung!

Ich will diese Veränderung nicht, weil ich Angst vor der Polizei habe. Nicht, weil ich einsehe, dass ich – wie mir der junge Polizist sagte – als Radlerin eine Gefahr für meine Mitbürger sei. Ich will meine Gewohnheit durchbrechen, weil ich mein Experiment cool finde und Spaß daran haben werde.

Und jedes Mal, wenn ich die Meter über die Holperstrecke fahre, werde ich in mich hineingrinsen und denken:

„Ich hab’s geschafft! Mein bewusster Wille ist stärker als meine unbewusste Gewohnheit und meine Bequemlichkeit.“

Und über diesen Sieg freue ich mich jetzt schon. ✌🏻