Einseitigkeit der Information führt zu Einseitigkeit der Wahrnehmung – ist doch logisch. Und dies kann zur Verzerrung der eigenen Situation führen. Denn klar ist auch: die Frage, womit ich meine Wahrnehmung abgleiche, um zu einer Beurteilung der Lage zu kommen, ist relativ.

In einem Artikel der Wirtschaftswoche war vor länger Zeit ein provozierender Artikel – einfach weil er die Dinge ‚mal anders darstellt, Berichterstattung und Realität über die vorhandene Arbeitsbelastung hinterfragt. Denn – so die Kernaussage – es ist nicht so schlecht um unsere Arbeitssituation bestellt; vieles an Stress und Belastung machen wir uns selbst, bzw. lassen diese mit uns machen. Und dies hängt zum einen mit der einseitigen Darstellung der Studienergebnisse, aber auch mit der suggestiven Fragestellung vieler Befragungen zusammen.

Einige Beispiele aus dem Artikel:
67% von 20.000 Befragten aus 27 Ländern schätzen sich nach der Global Workforce Studie als hoch und moderat motiviert ein, nur 6% sind nicht motiviert. (Kennen Sie die jährlichen Zahlen der Gallup-Studien, die von lediglich 13% Motivierten sprechen und dass 24% bereits innerlich gekündigt haben.)

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Überall wird von der Belastung durch die permanente Erreichbarkeit gesprochen, die gefordert sei. Der Aussage „Mein Arbeitgeber akzeptiert es, wenn ich außerhalb der Arbeitszeit nicht erreichbar bin“, haben fast 80% zugestimmt. Nur 20% der  Beschäftigten lesen häufiger als einmal pro Woche geschäftliche E-Mails in ihrer Freizeit.

Die Stresszunahme ist zurück gegangen. Der Anteil der Menschen, die unter chronischem Stress leiden, liegt bei einem Zehntel. Das heißt auch, dass 90% keinen chronischen Stress haben.

In einer anderen Stressstudie sagen 48% der Befragten aus, dass Stress anspornend sei, indem dieser den Erhalt und den Ausbau der Leistungsfähigkeit ermöglicht, Fähigkeiten und Fertigkeiten erweitert würden, Motivation, Arbeitszufriedenheit und Gesundheit gesteigert werde. Jeder zweite Berufstätige (50%) sagt, dass es ohne Stress keine Kreativität, keine Veränderung und keinen Fortschritt gäbe. Jeder fünfte Berufstätige (20%) gibt sogar an, dass er bei Stress erst richtig zu Höchstform aufläuft

Und eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Frage des Arbeitsengagements von Personen beschäftigte, kam zum Ergebnis, dass hohes Arbeitsengagement nicht zu emotionaler oder physischer Erschöpfung führt. Dass Menschen vielmehr nach einem engagierten Tag mit einem besseren Erholungsniveau nach Hause gehen, als Menschen, die weniger engagiert sind.

Die Psychologin und Autorin, Dr. Ilona Bürgel, gibt einige ganz praktische Tipps und motiviert zum Perspektivwechsel:

Stell die Dinge auf den Kopf

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  1. Entscheiden Sie sich für Wohlbefinden bei der Arbeit – Überprüfen Sie Ihre Einstellung und erwarten Sie Positives, nur so können Sie es auch erkennen.
  2. Verordnen Sie sich unternehmensfreundlichen Egoismus – Gut für sich zu sorgen, ermutigt auch andere. Es ist egoistisch, nicht gut für sich zu sorgen, weil wir dann von anderen die Lieferung der Zutaten für unser Wohlbefinden erwarten.
  3. Sehen Sie, was Sie leisten – Solange wir nicht selber unsere eigene Leistung anerkennen und uns selber wichtig nehmen, werden es auch andere nicht tun.
  4. Erteilen Sie sich ein Spekulationsverbot – Spekulationen rauben nur gute Energie, unterscheiden Sie Tatsachen von Fantasien und eigenen Bewertungen.
  5. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken – Wer seine Stärken nutzt ist sechs Mal häufiger engagiert und hat 40 Stunden Spaß. Wer diese nicht nutzt, brennt schon nach 20 Stunden aus.
  6. Entdecken Sie ein Optimismusmotto – Es kann immer schief gehen, aber es kommt auch wieder anders. Eine verbale Aufmunterung tut gut: „Das wird schon“ oder „Am Ende wird alles gut“
  7. Ändern Sie, was Sie stört – Worauf warten Sie? Jetzt ist der Zeitpunkt, sich von unnützen, unsinnigen oder unpraktischen Dingen zu befreien, die sonst immer wieder Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Wohlbefinden kosten.

Durchbrechen Sie also die Spirale der Negativität! Lassen Sie sich nicht zum sozial anerkannten „Dauer-Jammern“ und zum gemeinsamen „Stress-Stöhnen“ hinreissen. Springen Sie vom Zug, suchen Sie nach positiven und aufbauenden Momenten, erkennen Sie diese. Und verändern Sie Ihre Situation, wenn diese nicht passt – tun Sie’s!

Und wenn es nicht funktioniert, dann gehen Sie zum Coaching – das machen wir dann gemeinsam. 🙂

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Diesen Blogbeitrag hatte ich am 21.09.2014 in meinem alten Blog geschrieben, den ich leider nicht mehr online haben kann. Und da ich den Perspektivwechsel immer gut und wichtig finde – und es schließlich auch um das Prinzip der Fokussierung an sich geht – habe ich mich entschlossen, den Artikel, trotz der Bezüge auf Studien von vor mehreren Jahren, hier wieder zu veröffentlichen. Außerdem sind die Fotos gut und lustig. 🙂

Lesen Sie doch auch den Beitrag: Das sind doch mal schöne Zahlen. Auch hier werden Dinge ziemlich schräg dargestellt. Achten Sie auf sich, welche Infos Sie wahrnehmen, welche Realität Sie fokussieren. Denn mit unserer Fokussierung beeinflussen wir unsere Wahrnehmung und damit unsere Gedanken, Gefühle, unser Handeln und damit wiederum, was uns widerfährt.

Der Artikel: Der Stress in unserem Kopf – Vermeintliche Arbeitsbelastung, von Ilona Bürgel, WirtschaftsWoche vom 27.08.2014;
Beitragsfoto wie die anderen: © pikoso.kz – Adobe Stock