Im Sport erleben wir regelmäßig Ostern, wie gerade eben wieder: Tiger Woods ist auferstanden, sagen die Zeitungen. Ich lese: „In der Welt des Sports war Ostern schon vor einer Woche. Der Londoner Telegraph schilderte, wie ein Mann vor aller Augen ‚von den Toten auferstand‘. L’Equipe, Paris, erlebte eine ‚Wiedergeburt‘. Und der Corriere dello Sport aus der Heiligen Stadt Rom fasste das erhebende Schauspiel mit den Worten zusammen: ‚Von den Sternen in den Staub und jetzt wieder im Himmel‘. Tiger Wood und das Auferstehungsmotiv, ein Klassiker des Sports.“*

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Es ist Ostern, das Fest, das uns nicht nur vier freie Tage, den Kindern endlich Ferien und uns den Frühling beschert; es sind die Tage, an denen Leben und Tod ganz nahe zueinander rücken und die Abfolge durcheinander bringen: kommt der Tod nach dem Leben, so ist dies tragisch, nun mal das Leben, oder auch ganz normal; kommt das Leben aber nach dem Tod, so ist es ein Wunder und wir feiern Ostern.

Im Augenblick des Sieges von Tiger Woods scheint sein tiefer Fall fast vergessen, der Fall, in den der Golfer nach seinen Exzessen und „Todsünden“ abgerutscht war. Aber es sind gerade sie, die ihn nun zum gefeierten Star machen, zum „Auferstandenen“. Die Story, „die alles hat. Vor allem das, was eine gute Geschichte braucht: eine Bruchstelle. Die Hauptfigur jeder Story, die das Publikum packen soll, braucht einen Verlust, eine Verzweiflung, eine Kränkung. Gute Geschichten funktionieren so, sie taten das schon immer, ob in der Bibel, im Märchen, im Roman, in Hollywood, bei Netflix; ob auf dem Elfmeterpunkt oder dem 18. Grün.
Und am Ende brauchen sie eine Überwindung des Bruchs, der Verzweiflung, der Kränkung.“

Das Aufstehen nach dem Fall, der Sieg des Lebens über den Tod, die Auferstehung. Große und kleine Stürze, Krisen, Tode, die wir erleben, gibt es immer wieder. Nicht nur auf der Leinwand, auf der Bühne, sondern Tag für Tag. Auch wenn wir diese nicht wollen, nicht, wenn sie uns nahe kommen. Aufstehen, nicht aufgeben, weiter machen. Solange wir leben wollen… leben.

Das Besondere an Tiger Woods, so der Autor: Er „kam nicht aus finanzieller Not, nicht aus Langeweile, nicht aus PR-Kalkül zurück. Sondern weil er einfach nicht aufgab. Und mit 43 noch viel zu jung ist, um sich alt zu fühlen.
Sein Comeback konnte niemand so planen. Weil es viel zu unrealistisch gewesen wäre: nach den vier Rückenoperationen, den Affären, der Sexsucht, der Scheidung, der Tablettenabhängigkeit, den Polizeifotos.“

In der Tiefe wieder Kraft finden, aufstehen, weiter machen, nicht aufgeben, an sich und sein Können, sein Vermögen glauben, dran bleiben, das zeigen uns Sportler und Sportlerinnen mit ihren Comebacks; aber auch andere – und hoffentlich auch wir uns selbst!

Feiern Sie Ostern, feiern Sie jedes Aufstehen! Und genießen Sie die schönen Zeiten, die Sonnentage.
Herzlich,
Ihre Ann Krombholz

 

*Alle Zitate stammen aus dem Artikel „Ewig hungrig – Ein grandioser Aufstieg, ein bodenloser Fall und ein unglaubliches Comeback: Das Auferstehungsmotiv ist ein Klassiker des Sports“ von Christian Eichler, FAZ vom Samstag, 20.04.2019, Nr. 93, Seite 32.