Adventszeit… die dritte Kerze brennt, noch eine Woche bis Weihnachten. Wie gut erinnere ich mich an meine Kinderzeit und das unendliche Warten, bis der Festtag endlich da ist. Advent, Advent… eine Kerze nach der anderen zünden wir sie an, um die Zeit bis zur Ankunft des Herrn (das, was wir an Weihnachten ja feiern ;-)) anzukündigen.
Wie ungeduldig ich als Kind war. Alles Mögliche hat das Warten erleichtert und die Fortschritte angezeigt: Adventskalendertürchen öffnen, Schokolade abzählen und essen, Geschenke vorbereiten, die Vorfreude zappelnd genießen – auch wenn die Ungeduld zwickte. Ein Stückchen ist es doch so: Gleichzeitig ist das Warten unangenehm und gleichzeitig erhöht es die Vorfreude – und macht das Ereignis größer, schöner, wertvoller. Eindrücklich, wunderbar.
Einen tollen Artikel über das Warten habe ich neulich – wartend – im Magazin der Lufthansa gelesen. Der Autor, Thilo Mischke, erzählt von seiner Konvertierung vom Warte-Hasser zum Warte-Liebhaber. Hier ein Auszug aus seinem Plädoyer für das Warten, ein Plädoyer für all das, was das Warten bereit hält. *
„… ich habe gelernt. Eher zufällig, in Japan. Im Land des Wartens. Dem Reich des Zeitvertreibs, der Geduld und der Zuversicht. In Tokio, meiner liebsten Stadt, habe ich mich angestellt. An einem heißen Sommertag, in eine Schlange eingereiht, bestimmt 100 Menschen lang. Ich wusste nicht, wofür sie anstanden, und ich wusste auch nicht, wie lange es dauern würde. Ich wusste nur: Wenn die Schlange so lang ist, dann muss es am Ende etwas Gutes geben. …
Zwei Stunden und siebenunvierzig Minuten stand ich an, geduldig, in Reih und Glied mit den anderen.“ Und er berichtet, wie er angefangen hat, sich mit seinem wenigen Japanisch mit den Menschen zu unterhalten. „… am Ende schwieg ich, wurde ruhig, erholt. Weil ich nichts verpassen konnte, nichts erledigen musste. Meine einzige Aufgabe: Ausharren.
Erst kurz bevor mein Warten endete, wusste ich, wofür ich eigentlich angestanden hatte: Crèpes, serviert von Frauen in märchenhaften Kostümen. Ich habe nicht mal gekichert. Und teilte mir mit dem Japaner hinter mir, der alle halbe Stunde seinen Klappstuhl angeboten hatte, einen Crèpe mit Vanilleeis. Es war der beste meines Lebens.“
Viel Zeit verbringen wir beim Warten in Staus, vor Ampeln stehend, in Schlangen, vor Kassen und Schaltern, vor dem Rechner, auf Wartebalken starrend, in Wartezimmern sitzend, …
Ich warte derzeit auf den 22. Dezember, da ist dann bei mir Feiertag, da bekomme ich etwas, worauf ich seit Langem warte. Und wenn ich es auch gerne hätte, dass die Zeit schneller vorbeiginge, so erlebe ich gleichzeitig: Vorfreude ist schön. Auch wenn sie bestimmt nicht die schönste Freude ist, so übergießt sie doch alles mit Sternenfunkeln, Kerzenleuchten und Lametta, das weiß ich sicher. 🙂
Ungeduld ist zwar populär und angeblich sogar eine Stärke, aber Warten lohnt sich.
(* Lufthansa Magazin, Nr. 11, 2017 – Die Geduldsprobe von Thilo Mischke, S. 30-37)
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