Nun habe ich eine gute Weile nicht mehr hier geschrieben. Ich fühlte mich nicht kreativ genug, ausgelaugt. Da habe ich experimentiert und gefunden, was mir fehlt: mentale und kreative Erholung. Gerade derzeit, in der die Weltlage Sorge bereitet, die Zeiten ohne Krise länger hinter uns liegen, und jetzt noch die Tage kurz, dunkel und kalt sind wird die innere Energie knapp. Bis zum Jahresende liegen noch einige Wochen vor uns, der bekannte Endspurt kommt wieder… Brauchen Sie auch noch einige Ressourcen?

Nach der Arbeit auf die Couch, Beine hochlegen und den restlichen Abend vor dem Bildschirm verbringen – das entspannt und bringt die Lebensgeister zurück? Abdüsen, ein verlängertes Wochenende in milden Gefilden oder doch abhauen, lesen und nichts tun – das lässt den Stresspegel des Alltags sinken? Oder nach Feierabend doch lieber zum Laufen gehen, aufs Rad springen und raus? Am Wochenende die Berggipfel erklimmen, Wandern durch Regen und Wind und für den Halbmarathon trainieren? Ist das Lebenselixir oder doch Mord? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Denn entscheidend ist es, die auf Person und Situation passende Form der Erholung zu finden.

Es gibt nämlich unterschiedliche Formen der Erholung. Sieben, sagt die Forscherin und Ärztin, Dr. Saundra Dalton-Smith. Denn was dem einen taugt ist nichts für die andere – und umgekehrt. Jedem das Seine, jeder das ihre.
Welche Formen sind es? Laut Saundra Dalton-Smith sind es folgende 7 Arten der Erholung, die wir brauchen.

  • soziale Erholung,
  • emotionale Erholung,
  • mentale Erholung,
  • sensorische Erholung,

 

  • spirituelle Erholung
  • kreative Erholung und schließlich die
  • körperliche Erholung.
 
Einfach nur Spass haben, ohne Verpflichtung ist erholsam
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Soziale Erholung brauchen wir, wenn wir sehr viele, vor allen Dingen aber anstrengende soziale Beziehungen pflegen (müssen). Wir haben das Gefühl, dass mehr Energie aus uns herausfließt, als diese Begegnungen uns geben.
Soziale Erholung heißt dann, für eine Weile mit sich alleine sein dürfen oder aber – je nach Persönlichkeit und Situation – sich mit Personen zu treffen, die nicht „sozial fordern“, sondern „erbaulich“ sind.
Erholsam ist dann also: Einfach schöne, wohlige Momente gemeinsam – oder alleine – verbringen.

Die emotionale Erholung benötigen wir, wenn wir emotional stark gefordert sind, z.B. weil wir eine Zeit der Trauer durchleben, Menschen trösten, einen Beruf ausüben, bei dem wir sehr stark empathisch sein müssen.
Wir brauchen dann Zeiten, in denen wir Leichtigkeit erleben und ganz bei uns sein können. Wir in ein Buch, die Schönheit der Natur, Meditation, Bewegung oder einer kreativen Tätigkeit nachgehen können, ohne dass unsere Gefühle gefordert werden.

Mentale Erholung meint die Erholung vom Kopfzerbrechen. Gerade wenn wir „Kopfarbeitende“ sind, die an der Erarbeitung von Problemlösungen arbeiten, werden wir ab und zu die Ent-Spannung unserer grauen Zellen benötigen. Dies kann dann in Form von Bewegung, handwerklichen Arbeiten, Musik, Kreativität erfolgen.

Die sensorische Erholung brauchen wir, wenn unsere Sinne eine Reizüberflutung hinter sich haben, z.B. weil wir gleichzeitig am Bildschirm arbeiten, das Handy klingelt, die Chatnews beantwortet werden müssen, der Geräuschpegel des Großraumbüros im Hintergrund zu hören ist, andere Telefone klingeln, Kolleg*innen im Flur lachen, das Martinshorn von der Straße in den Raum drängt… unsere Augen und Ohren ständig beschäftigt sind, Reize wahrzunhmen, unser Gehirn permanent einordnet und interpretiert: nach Relevanz, Priorität und Aussagekraft.
Leicht vorstellbar, wie die sensorische Erholung aussehen kann: abschalten! Sowohl von medialen Einflüssen, aber auch von Nebengeräuschen und optischen Einflüssen. Da tut ein Spaziergang im Wald gut, die Stille der Noise-Cancelling-Kopfhörer, der Wellness-Tag am See.

Entdecken, neugierig sein, Abenteuer koennen erholsam sein
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Rueckzug, innere Konzentration kann erholsam sein
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Die spirituelle Erholung brauchen wir, wenn wir zu lange das Gefühl haben, dass unsere Arbeit wenig sinnvoll ist, wir nicht erkennen, welchen Beitrag wir mit unsere Engagement, unserem Einsatz liefern. Wir sehnen uns danach, Sinn zu tanken und zu erleben. Uns eingebunden zu fühlen in ein großes Ganzes, Teil einer geistigen Gemeinschaft zu sein, in der Werte zählen. Wir wollen, dass unser Tun wert-voll ist und in einen Gesamtbeitrag einfließt.

Die kreative Erholung suchen wir, wenn wir Abstand von rein analytischer und strukturierter Arbeit suchen. Wir brauchen es, etwas zu schaffen, das wir sehen und material fassen können. Wir wollen spielerisch und „unvernünftig“ sein und unseren Gedankenraum erweitern. Malen, singen, sticken… das können die überlichen kreativen Tätigkeiten sein, aber auch als kreativ empfundene Momente: Schönheit in sich aufsaugen, sich inspirieren lassen, erweiternde Erfahrungen.

Und schließlich die körperliche Erholung mit ihren zwei Seiten: mehr oder weniger Bewegung. Denn entweder haben wir in unserem Alltag viel zu wenig Bewegung, weil wir den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen und abends wieder sitzen und unsere Muskeln viel zu wenig „Muskelspiel“ haben, unser Kreislauf zu wenig Schwung und uns Freude und Dynamik der Bewegung abhanden gekommen sind; oder aber wir sind körperlich in unserer Arbeit stark gefordert und brauchen tatsächlich körperliche Entspannung, Beine hochlegen, Muskeln lockern, dem Körper Ruhe schenken. Für die meisten von uns lechzt unser Körper nach Energie durch eine erhöhte Blutzirkulation, Beweglichkeit durch Bewegung und Dehnung, Kraftströme durch ein immer wieder Gefordert-sein und dem Gefühl von Fitness und vorhandener Kraft. Ressourcen, die uns körperlich bei unserer Kopfarbeit unterstützen.

Sieben Formen der Erholung: Erkennen Sie Ihre? Sie können den Test machen, auf der Seite von Saundra Dalton-Smith gibt es einen Fragebogen, den Sie ausfüllen können, hier ist der Link… .

 

Bewegung oder Erholung was hilft am besten bei der Erholung
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Sie bekommen dann die Auswertung und erfahren, auf welchem Feld Sie derzeit am meisten Bedarf haben – und gleichzeitig tragen ihre Werte bei zur weiteren Erforschung der vielfältigen Arten der Erholung. Bei mir sah das Ergebnis zusammengefasst so aus:

Category Scores
Physical Rest Score: 17
Mental Rest Score: 21
Emotional Rest Score: 28
Spiritual Rest Score: 14
Social Rest Score: 22
Sensory Rest Score: 21
Creative Rest Score: 28

Ein Weilchen Rückzug, die Wohnung renovieren, erbauliche Literatur lesen, mich fortbilden, das war für mich der richtige Weg. Mir geht’s besser. Was brauchen Sie, um möglichst guter Dinge, munter und kraftvoll durch die nächste Zeit zu kommen?

 

Bei der Wahl der Bilder für diesen Beitrag habe ich mich für diese Kinderfotos entschieden. Denn Kinder wissen intuitiv, was sie brauchen – sofern wir sie ihre Zeit selbst gestalten lassen. Mal brauchen sie Bewegung, Konzentration, mal Lachen und einfach Blödsinn machen, mal Zusammensein oder Rückzug. Vielleicht brauchen wir ja gar nicht den Test von Saundra Dalton-Smith, wenn wir in uns hinein horchen und wieder lernen, unsere Bedürfnisse wahrzunehmen.

Den Artikel zum Interview mit Saundra Dalton-Smith, finden Sie hier: Die meisten Menschen setzen Erholung zu Unrecht mit Nichtstun gleich, von Anna-Sophie Kühne, Die Zeit vom 24.02.2023

Gute Erholung ist nicht selbstverstaendlich
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